Zusammenfassung

Die zuverlässige Messung des Niederschlags ist Grundlage für eine Vielzahl quantitativer Anwendungen. Bei der Analyse und Vorhersage von Naturgefahren wie Sturzfluten oder Hangrutschungen ist dabei die räumliche Trennschärfe der Niederschlagsmessung besonders wichtig, da hier oft kleinräumige Starkniederschläge auslösend sind. Seit dem 2. Weltkrieg gewinnen Niederschlagsradare an Bedeutung für die flächenhafte Erfassung des Niederschlags in hoher raum-zeitlicher Auflösung. Und seit Ende des 20. Jahrhunderts investieren Wetterdienste zunehmend in die Archivierung dieser Beobachtungen. Die quantitative Auswertung solcher Archive gestaltet sich jedoch aufgrund unterschiedlicher Fehlerquellen als schwierig. Eine Fehlerquelle ist die Kalibrierung der Radarsysteme, die entlang der sog. ’‘receiver chain’’ eine Beziehung zwischen der primären Beobachtungsvariable (der zurückgestreuten Strahlungsleistung) und der Zielvariable (des Radarreflektivitätsfaktors, kurz Reflektivität) herstellt. Die Reflektivität wiederum steht über mehrere Größenordnungen hinweg in Beziehung zur Niederschlagsintensität, so dass bereits kleine relative Fehler in der Kalibrierung große Fehler in der quantitativen Niederschlagsschätzung zur Folge haben können. Doch wie kann eine mangelhafte Kalibrierung nachträglich korrigiert werden?

Diese Arbeit beantwortet diese Frage am Beispiel des kürzlich installierten Radarnetzwerks der Philippinen. In einer initialen Fallstudie nutzen wir das S-Band-Radar nahe Subic, welches die Metropolregion Manila abdeckt, zur Analyse eines außergewöhnlich ergiebigen Niederschlagsereignisses im Jahr 2012: Es zeigt sich, dass die radargestützte Niederschlagsschätzung um rund 60% unter den Messungen von Niederschlagsschreibern liegt. Kann die Hypothese einer mangelhaften Kalibrierung bestätigt werden, indem die Beobachtungen des Subic-Radars mit den Messungen exzellent kalibrierter, satellitengestützter Radarsysteme verglichen werden? Kann die satellitengestützte Referenz ggf. sogar für eine nachträgliche Kalibrierung genutzt werden? Funktioniert eine solche Methode auch für das benachbarte C-Band-Radar nahe Tagaytay? Können wir die Zuverlässigkeit einer nachträglichen Kalibrierung erhöhen, indem wir andere systematische Fehlerquellen in den Radarmessungen identifizieren?

Zur Beantwortung dieser Fragen vergleicht diese Arbeit die Beobachtungen bodengestützter Niederschlagsradare (GR) mit satellitengestützten Niederschlagsradaren (SR) der Tropical Rainfall Measuring Mission (TRMM) und ihrem Nachfolger, der Global Precipitation Measurement (GPM) Mission. Dazu wird eine Methode weiterentwickelt, welche den dreidimensionalen Überlappungsbereich der Samplingvolumina des jeweiligen Instruments—GR und SR—berücksichtigt. Desweiteren wird jedem dieser Überlappungsbereiche ein Wert für die Datenqualität zugewiesen, basierend auf zwei Unsicherheitsquellen: dem Anteil der Abschattung (engl. beam blockage fraction, BBF) und der pfadintegrierten Dämpfung (engl. path-integrated attenuation, PIA). Die BBF zeigt, welcher Anteil des Radarstrahls von der Geländeoberfläche blockiert wird (je höher, desto niedriger die Qualität). PIA quantifiziert den Energieverlust des Signals, wenn es intensiven Niederschlag passiert (je höher, desto niedriger die Qualität). Entsprechend wird der Bias (also der Kalibrierungsfaktor) als das qualitätsgewichtete Mittel der Differenzen zwischen den GR- und SR-Reflektivitäten (ausgedrückt auf der logarithmischen Dezibelskala) berechnet.

Diese Arbeit zeigt, dass beide Radare, Subic und Tagaytay, gerade in den frühen Jahren stark von mangelhafter Kalibrierung betroffen waren. Der Vergleich mit satellitengestützten Messungen erlaubt es uns, diesen Fehler nachträglich zu schätzen und zu korrigieren. Die Zuverlässigkeit dieser Schätzung wird durch die Berücksichtigung anderer systematischer Fehler im Rahmen der Qualitätsgewichtung deutlich erhöht. Dies konnte auch dadurch bestätigt werden, dass nach Korrektur der Kalibierung die Signale im Überlappungsbereich der beiden bodengestützten Radare deutlich konsistenter wurden. Eine Interpolation des Fehlers in der Zeit war erfolgreich, so dass die Radarbeobachtungen auch für solche Tage korrigiert werden können, an denen keine satellitengestützten Beobachtungen verfügbar sind.